Geschichtsatelier Elvira Geschichts-Atelier Elvira
Pionierinnen* der Frauenbewegung in München
Verein für Fraueninteressen e.V.

Dr. h.c. Carl Wilhelm Rudolf (Ritter von) Thieme

Persönliche Daten

Name: (Ritter von) Thieme
1914 wurde er durch die Verleihung des Verdienstordens der Bayerischen Krone in den persönlichen Adelsstand erhoben. 1922 wurde ihm der Titel Dr. rer. pol. h. c. verliehen.
Vorname: Dr. h.c. Carl Wilhelm Rudolf
häufig auch Karl
Religion bei Geburt: evangelisch / protestantisch
Geburtstag: 30.03.1844
Geburtsort: Erfurt
Todestag: 10.10.1924
Sterbeort: München
Ausbildung
Beruf/Erwerb:

Versicherungs-Inspektor der Thuringia-Versicherung

1874-1886 General-Agent der Thruringia-Versicherung für das Königreich Bayern

1880-1924 Gründer, General-Direktor und Vorstandsvorsitzender der Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft

1889-1904 Gründer u. Vorstandsvors. der Allianz Versicherungs-AG, ab 1894 bis 1904 gemeinsam mit Paul von der Nahmer

1907 Beteiligung an der Gründung der Europäischen Güter- und Reisegepäck-Versicherung AG in Budapest

1917 Beteiligung an der Gründung der Hermes Kreditversicherungs-AG in Berlin

Staatsangehörigkeit bei Geburt: Preußen
seit 1878 besaß er die bayerische Staatsangehörigkeit

Portraitphoto von Carl Thieme
Portraitfoto Carl von Thieme
© Familienarchiv Thieme mit freundlicher Genehmigung von Florian Lange

Familie

Vater Julius Thieme Direktor der Versicherungsgesellschaft "Thuringia" in Erfurt 1816 Zeitz - 1892
Mutter Charlotte Thieme, geb. v. Wedelstaedt 1819 Luxemburg
Bruder Hermann Thieme Industrieller, Inhaber einer Seifen- und Parfümfabrik in Zeitz; Mitglied im Verwaltungsrat der "Thuringa", 1842 - 1929
 http://d-nb.info/1162286733

Familienstand

verheiratet in erster Ehe 1870 Maria von der Nahmer 1845 Rheydt - 1883 München
verwitwet seit 1883
verheiratet in zweiter Ehe seit 1885 Else von Witzleben 1861 - 1946 Matrei in Osttirol

Kinder

Oskar Thieme Versicherungskaufmann General-Agent (1909) bzw. Versicherungsdirektor (1922) 1863 Werneuchen bei Berlin - 1949
Oskar Thieme war der außereheliche Sohn von Carl Thieme und lebte nach dem Tod der Mutter Marie Kienemund zeitweise mit seinen Halbgeschwistern in einem gemeinsamen Haushalt. 1903 war er zeitgleich mit seiner fast gleichaltrigen Stiefmutter Else Thieme Mitglied im "Verein Frauenbildungsreform", Sektion München. Seit spätestens 1899 lebte er in den Vereinigten Staaten und wurde später amerikanischer Staatsbürger, verbrachte aber in den zwanziger Jahren immmer wieder mit seiner Familie längere Zeit in Bayern.
Friedrich Karl Thieme Versicherungs- und Bankbeamter, Direktor und Vorstandsmitglied der Münchner Rückversicherungsgesellschaft bis 1931 1871 München - 1951 Starnberg
verheiratet mit Magdalena v. Endres
Marie Charlotte Thieme, verh. mit Nikolaus v. Endres 1872 München - 1931 München
Emilie Thieme, verh. mit Henry v. Heiseler, Kaufmann aus Russland 1873 München - 1960
Karl Emil Ludwig Thieme "Versicherungsbeamter, Bankbeamter, Direktor" 1874 München - 1967
Berufsangabe nach dem Familienbogen von Karl Emil Louis, angelegt am 31.12.1918. Eheschließung 1909 in London mit Dorothea Döring aus Hannover.
Sophie Johanna Thieme, verheiratet mit Alexander Frhr. v. Wendland 1877 München
Walter Thieme Pastor in Berlin 1878 München - 1945 Berlin
Julius Thieme 1883 München - 1883 München
Marie von Thieme verstarb bei der Geburt ihres siebenten Kindes. Julius Thieme wurde nur wenige Wochen alt.
Else Thieme, verh. mit dem Chemiker William Hutchinson aus Großbritannien 1886 München - 1971
Else war das älteste Kind der zweiten Ehefrau von Carl Thieme: Elsa Thieme, geb. von Witzleben.
Margarethe Thieme, verh. mit Hugo Mylius, in 2. Ehe verh. mit dem Graphiker Walter Schnackenberg 1887 München - 1988
Charlotte Else Thieme, verheiratet mit Siegfried v. Livonius 1888 München - 1918
Hermann Thieme Landwirt 1890 München - 1971

Mitgliedsjahre im Verein für Fraueninteressen
Diese Angaben stammen aus den alten „Mitglieder-Verzeichnissen“ (1896 bis 1916) des Vereins, bei den Personennamen wurde die jeweilige Original-Schreibweise – einschließlich der Tipp- und Lese- bzw. Hörfehler – übernommen. Fehlerhafte Adress-Angaben (z.B. Franz Josefstr. statt Franz Josephstr.) wurden korrigiert und der damals gültigen Schreibweise (im Adressbuch München) angepasst.

DetailsDetails 1897 bis 1916   7  
1897 bis 1916 Herr Direktor Thieme Georgenstr. 7 Die späteren Mitgliederlisten sind nicht erhalten. Es ist aber anzunehmen, dass Carl v. Thieme dem Verein bis zu seinem Tod verbunden blieb.

Ämter und Mitgliedschaften in anderen Vereinen

1893 Familienmitgliedschaft in der Gesellschaft MUSEUM

1876 Kunstverein München

1888 Mitglied des Vereins für Arbeiterkolonien in Bayern A.V.

1895 Stiftungsmitglied im Frauenverein Arbeiterinnenheim A.V.

1898 Stiftungs- und Ausschussmitglied im Verein zur Gründung eines Mädchengymnasiums

Bis 1901 Vorstandsmitglied, dann Ausschussmitglied im Verein zur Gründung eines Sanatoriums für Lungenkranke aus dem Mittelstand in Bayern

ab 1918  Mitglied des Kreisvereins München der Deutschen Demokratischen Partei


Quellen und Literatur

Thieme, Carl Ritter von (seit 1914), Indexeintrag: Deutsche Biographie, www.deutsche-biographie.de/pnd118926934.html
Stadtarchiv München PMB Thieme, Carl (von):
Familien-Bogen Thieme, Karl, angelegt im Mai 1870
Steuerliste Karl Thieme und Marie, geb. von der Nahmer sowie Else, geb. von Witzleben
Haupt-Liste für den In- Reichs- Aus- Länder Thieme, Karl Wilhelm Rudolf, Kopie angelegt am 13.11.1900

Stadtarchiv München PMB Thieme, Oskar:
Legitimation vom 24.04.09 und Bogen v. 06.12.1922

Stadtarchiv München: PMB Thieme Friedrich, Familienbogen, angelegt am 18.11.1891;
Haupt-Liste für den In- Reichs- Aus- länder Fritz Thieme, angelegt am 13.1.1892

Stadtarchiv München PMB Thieme, Karl Emil Louis: Familienbogen, angelegt am 31.12.1918
Besondere Beilage zu Nr. 194 des Königlich-Preussischen Staats-Anzeigers v. 10.08.1866, S. 217, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb10486496?page=220%2C221

Stadtarchiv München: DE-1992-ZA-P-0527-14 Zeitungsausschnitte (ZA) - Personen,  Thieme, Carl 1924

Getraute Paare, in: Münchener Bote für Stadt und Land (1870) Nr. 121 v. 21.05.1870, S. 528, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb10485409_00473_u001?page=4%2C

Bericht über den Bestand und das Wirken des unter dem Allerhöchsten Protektorate seiner Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten Luitpold von Bayern stehenden Kunstvereines München während des Jahres 1874 ff., München 1875 ff., S. 46, online: 145 Thieme Carl

Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, in: I. Beilage zur „Zeitschrift für Versicherungswesen (1880), Nr. 17, v. 03.05.1880, S. 221 f., online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11455913?page=230%2C231

Süddeutsches Bank und Handelsblatt. Organ für Volkswirtschaft. Bank-, Genossenschafts- und Versicherungswesen (1881), Nr. 6 v. 20.11.1881, S. 47, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11506960?page=46%2C47

Versicherungs-Zeitung, in: Münchener Fremdenblatt, 9.Jg. Nr. 5 v. 05.01.1886, S. 5, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11456477?page=46%2C47

Mitglieder-Verzeichnis des Vereins für Arbeiterkolonien in Bayern. Nach dem Stadt vom 15. August 1888, München 1888, S. 6

(Neue Versicherungsgesellschaft), in: Der freie Landbote, 20. Jg. Nr. 216 v. 21./22.09.1889, S. 2, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11456744?page=288%2C289

Mitglieder-Verzeichnis der Gesellschaft MUSEUM nach dem Stande vom 21.11.1893, S. 13, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11566078?page=16%2C17, zuletzt abgerufen am 27.09.2024

Rechenschafts-Bericht des Frauenvereins Arbeiterinnenheim a. V. unter dem Protektorat I.K.H. Frau Prinzessin Arnulf für das Jahr 1895, München 1896, S. 11

IV. Jahresbericht des Vereins zur Gründung eines Mädchengymnasiums in München, München 1898, S. 10, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11898223?page=10%2C11

Zur Friedenskonferenz. Aufruf!, in: Allgemeine Zeitung 102. Jg. Nr. 29 v. 29.01.1899, S. 10, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00085623?page=422%2C423

Münchener Familien-Nachrichten, in: Münchner Neueste Nachrichten, 52. Jg. Nr. 258 v. 23.06.1899, S. 4, online: www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00130957

Verein zur Gründung eines Sanatoriums für Lungenkranke aus dem Mittelstande in Bayern, in: Allgemeine Zeitung, 104. Jg., Nr. 112 v. 23.04.1901, S. 3, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00085649?page=842%2C843

Hof- und Personalnachrichten, in: Allgemeine Zeitung, 155. Jg. Nr. 81 v. 23.03.1902, S. 5, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00085659_00393_u001?page=4%2C5

Familiennachrichten, in: Allgemeine Zeitung, 109. Jg. Nr. 540, v. 02.11.1906, S. 7, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00085802_00369_u001?page=18%2C19

Carl von Thieme †, in: Münchner Neueste Nachrichten, 77. Jg. Nr. 278 v. 11.10.1924, S. 3, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00133584?page=268%2C269

Carl von Thiemes Bestattung, in: Münchner Neueste Nachrichten, 77. Jg. Nr. 281 v. 14.10.1924, S. 3, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00133584_00345_u001?page=2%2C3 

Bähr, Johannes; Kopper, Christopher: Munich Re. Die Geschichte der Münchener Rück 1880–1980. München 2015, S. 85 ff.

Koch, Peter, "Thieme, Carl Ritter von" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 125-126 [Online-Version]; URL

Spree, Reinhard: Zwei Kapitel aus der Frühgeschichte der Münchener Rückversicherung, München 2010, online: https://doi.org/10.5282/ubm/epub.11336


Anmerkungen

Carl Wilhelm Rudolf Thieme wurde 1844 als Sohn von Julius Thieme, Direktor der Versicherungsgesellschaft "Thuringia", und seiner Frau Charlotte, geb. v. Wedelstedt, in Erfurt geboren. Nach dem Abitur durchlief er eine Ausbildung in der väterlichen Versicherung, 1870 ließ er sich als Versicherungs-Inspektor in München nieder. Bereits vier Jahre später wurde er zum General-Agenten der Thuringia-Versicherung für das Königreich Bayern ernannt. Als Mittdreißiger gründete er gemeinsam mit dem Nürnberger Industriellen Theodor v. Cramer-Klett (1817–1884), dem Bankier Wilhelm v. Finck (1848–1924) und weiteren Gesellschaftern die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, die er mehr als 40 Jahre als General-Direktor und Vorstandsvorsitzender leitete und zum Weltmarkführer machte. 1889 gründete er auch die Allianz Versicherungs-Gesellschaft mit. Carl von Thieme gilt nicht nur als ein Erneuerer der Versicherungswirtschaft von weltweiter Bedeutung, sondern muss auch – und das ist heute weit weniger bekannt – als ein überaus offener, reformfreudiger und gegenüber allem Neuen aufgeschlossener Bürger der Münchener Stadtgesellschaft gesehen werden. Gemeinsam mit seiner zweiten Frau Else, geb. v. Witzleben (ID 90) – seine erste Frau Maria (geb. von der Nahmer) war 1883 bei der Geburt ihres siebentens Kindes gemeinsam mit diesem gestorben – war er ein entschiedener Verfechter der Ideen der Frauenbewegung und ein langjähriges Mitglied des Vereins für Fraueninteressen (von 1896/97 bis mindestens 1916). Dem Verein Arbeiterinnenheim und dem Verein zur Gründung eines Mädchengymnasiums in München war er bereits früher beigetreten. Er war ein bedeutender Mäzen zahlreicher Künstlerinnen* und Kunsthandwerkerinnen* der Münchner Moderne, von denen einige auch Mitglied des Vereins für Fraueninteressen waren (u.a. Hermann Obrist, Berthe Ruchet und Margarethe v. Brauchitsch). In seiner Zeit als General-Direktor führte er vorbildliche Sozialleistungen für die Mitarbeiter der Münchener Rück ein. Sein Sohn Pastor Walter Thieme erwähnt in seiner Grabrede auf den Vater: ‚und es zählt zu seinen schönsten Ruhmestiteln, dass die sozialdemokratische Presse von ihm schrieb: Wenn alle so gewesen wären wie er, gäbe es keinen Klassenkampf, wäre die soziale Frage gelöst.‘“ (Carl von Thiemes Bestattung, in: Münchner Neueste Nachrichten, 77. Jg. Nr. 281 v. 14.10.1924, S. 3, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00133584_00345_u001?page=2%2C3)
Überhaupt scheint er wenig Berührungsängste gehabt zu haben, übernahm er doch den in Charkow geborenen Sozialdemokraten Wladimir Schmujlow als Versicherungsbeamten in die Münchner Rück und machte ihn 1906 zum Leiter der russischen Abteilung. Dieser war übrigens seit 1893 mit der Schauspielerin und Schriftstellerin Ria Claassen (Mitglied des Vereins für Fraueninteressen ab 1899) verheiratet. Trauzeuge der Londoner Hochzeit war Friedrich Engels.

1918/19 bekannte sich Carl Thieme zu Republik und Demokratie und war (u.a. gemeinsam mit unserer damaligen Vorsitzenden Luise Kiesselbach) Mitgründer der Münchener Sektion der Deutschen Demokratischen Partei.

Nachrufe

„Karl v. Thieme †
Gestern früh verstarb der ehemalige Generaldirektor und spätere Aufsichtsrat der Münchener Rückversicherungsgesellschaft Dr. Karl v. T h i e m e. Mit ihm verschied der Organisator und Leiter des größten deutschen Versicherungsunternehmens, eine der hervorragendsten Autoritäten des Versicherungswesens. Weit über Deutschlands Grenzen hinaus ging sein Ruf und Ansehen. Thieme ward geboren am 30. März 1844 zu Erfurt als Sohn des Direktors der Versicherungsgesellschaft Thuringia, Julius Thieme. Nach Beendigung seines Studiums und der Militärzeit wurde ihm die Generalagentur der Thurinigia in München übertragen. Bald schon zeigten sich seine hervorragenden Fähigkeiten, die die Münchener Generalgentur an erste Stelle unter allen Geschäften der Erfurter Gesellschaft führte. Im Jahre 1880 gründete er mit einer Anzahl Herren sein Lebenswerk, die Münchener Rückversicherungsgesellschaft, und war deren Leiter durch 42 Jahre. Als Organisator wurde er bahnbrechend für die Entwicklung des ganzen Rückversicherungssystems. Ob seiner Verdienste wurde ihm im Jahre 1914 der Kronenorden und damit der persönliche Adel verliehen. Die staatswissenschaftliche Fakultät der Universität München ehrte ihn durch Verleihung des Doktortitels h. c. im Jahre 1922. Ganz im seinem Lebenswerk aufgehend, trat der Direktor in der Öffentlichekeit wenig hervor. Um so größer ist aber die Zahl derer, die in Dankbarkeit seiner gedenken; war er doch ein eifriger Wohltäter im Stillen. Sein väterliches Herz und seine vorbildlichen Arbeiten in sozialer Hinsicht brachten ihm die Sympathien seiner Angestellten, für die er in hervorragender Weise sorgte. Es sein nur an die Errichtung einer Pensionskasse für die Angestellten der Firma erinnert. Sein Lebenswerk, verkörpert durch den Prachtbau an der Königinstraße, wird immer Zeugnis ablegen von den bahnbrechenden Leistungen des Verstorbenen."
(R.K. Nr. 281 v. 11.10.1924)

"Die Bestattung Karl v. Thiemes
Es war eine außergewönlich stattliche Zahl von Leidtragenden, die sich am Montag mittag im Ostfriedhof zur Feuerbestattung des heimgegangenen ehemaligen Generaldirektors und Aufsichtsratmitgliedes der Münchener Rückversicherungsgesellschaft, Dr. h. c. Karl von T h i e m e, eingefunden hatte. Vor der Aussegnungshalle war mit der Hilfe von Blattpflanzen ein großer Halbkreis gebildet worden, an der Eingangspforte ruhten die vielen Kränze, auf deren Schleifen die letzten Grüße von Tausenden zu lesen waren, die ihm über sein Leben hinaus ein treues Angedenken bewahren. Unter den Angehörigen des Heimgegangenen bemerkte man Heinrich K n o t e und Kunstmaler Walter S c h n a c k e n b e r g, zu den übrigen Trauergästen zählten Vertreter des Stadtrates, des Handels und der Industrie und zahlreiche Beamte von Versicherungsgesellschaften auch auswärtigen; auch Künstler und Vertreter der Wissenschaft hatten sich eingefunden. (...). Der Geistliche, der die Trauerrede hielt, war Generaldirektor Thiemes eigener Sohn, Pastor Walter T h i e m e von der Inneren Mission in Berlin. Wie sein Vater das Leben auffaßte, das zeigte er an einem Gleichnis, in dem drei Fragen gestellt und beantwortet sind: ‚Was ist die wichtigste Zeit des Lebens - die Gegenwart', ‚Wer ist der wichtigste Mensch des Lebens - der im Augenblicke vor dir steht', ‚Was ist die größte Aufgabe des Lebens - aus der Fülle des Herzens Ganzes zu geben'. Was Thieme seiner eigenen großen Familie war - er hatte elf Kinder, zehn Schwiegerkinder und 23 Enkel und Urenkel - , das war er auch all denen, die unter ihm und mit ihm gearbeitet haben. Er war ein Mann, der früher als alle anderen es verstanden hat, soziale Gesinnung in die Tat  umzusetzen. Was Karl von Thieme in seinem arbeitsreichen Leben geschaffen, das umriß Justizrat K i ß k a l t, der gegenwärtige Generaldirektor der Münchener Rückversicherungsgesellschaft. 36 Jahre alt, hat Karl von Thieme aus dem Nichts die   Rückversicherungsgesellschaft geschaffen und zu einem Weltunternehmen schließlich ausgestaltet. Keiner war größer in seinem Fache als er; er war ausgerüstet mit einem ungewöhnlich starken Selbstvertrauen, das ihn alle Schwierigkeiten überwinden ließ. All die zahlreichen Ehrungen, die ihm im Leben zuteil geworden, - Ehrendoktortitel, Adelstitel, Benennung einer Münchner Straße nach ihm - , ließen ihn einfach bleiben. Für die ‚Allianz' sprach Generaldirektor Dr. Kurt S c h m i d t (Berlin) Worte treuen Gedenkens, für die Beamten der Münchner Rückversicherungsgesellschaft ihr Betriebsratsvorsitzender B u r g h a r d, die Demokratische Partei München hatte R.-A. Dr. E r h a r d entsandt, um einen der treuesten Freunde des liberalen und demokratischen Gedankens das letzte Geleit zu geben. (...)"
(Allgemeine Zeitung 127. Jg., Nr. 414 v. 14. Oktober 1924)


Letzte Änderung

geändert: 12.11.2024

Wir bitten um folgende Zitierweise:
Eintrag: „Carl Thieme“/ID 151, Online-Datenbank „Pionierinnen* der Frauenbewegung in München. Die frühen Mitglieder der Gesellschaft zur Förderung geistiger Interessen der Frau/des Vereins für Fraueninteressen in München“. Verein für Fraueninteressen e.V. München, www.geschichtsatelier-elvira.de