Laura Gerstle
Persönliche Daten | ||||
Name: | Gerstle | |||
Vorname: | Laura | |||
Geburtsname: | Frankenheimer | |||
Religion bei Geburt: | jüdisch | |||
Geburtstag: | 31.12.1861 | |||
Geburtsort: | New York | |||
Todestag: | 02.08.1911 | |||
Sterbeort: |
Partenkirchen
Laut Traueranzeige verstarb sie in Partenkirchen, im Polizeilichen Meldebogen wird München als Sterbeort angegeben. | |||
Staatsangehörigkeit bei Geburt: | Vereinigte Staaten von Amerika |
Familie | |||
Vater | Philipp Frankenheimer | Kaufmann | 1824 Erlangen - 1894 München |
Mutter | Bessie Frankenheimer, geb. Sutro | 1830 Leutershausen - 1880 New York | |
Schwester | Jertha oder Yereth Frankenheimer, verh. Rosenbaum | 1854 New York - 1901 New York | |
Seit 1897 ebenfalls Vereinsmitglied | |||
Bruder | Sigmund P. Frankenheimer | 1856 New York - 1941 | |
Schwester | Estelle (auch Stella) Frankenheimer, verh. Bamberger | 1859 New York - 1952 |
Familienstand | ||||||
verheiratet mit | 1887 | Emil (Elias) Gerstle | Kaufmann und Prokurist, Teilhaber d. Firma Elias Cohn Königsberger | 1849 Ichenhausen - 1930 München |
Kinder | |||||
Bessie Gerstle, in 1. Ehe mit Ludwig Weil, in 2. Ehe mit Max Hirschberg verheiratet. | 1888 München - 1970 USA | ||||
Bessie Gerstle war ebenfalls Vereinsmitglied | |||||
Nanette (Nettie) Gerstle, seit 1914 mit Erich Katzenstein verheiratet. | Publizistin, Übersetzerin, Historikerin | 1889 München - 1967 Zürich | |||
Nettie Gerstle war als junge Frau ein überaus aktives Vereinsmitglied: 1912/13 Vorsitzende des "Jugendausschusses" und Schriftführerin der "Kommission für die Arbeiterinnenfrage" und der "Kommission für wirtschaftliche Fragen" | |||||
Julius Gerstle | 1892 München - 1915 bei Lemberg/Ukraine | ||||
gefallen im 1. Weltkrieg |
Mitgliedsjahre im Verein für Fraueninteressen | |||||
1896 | bis 1911 | Sie blieb bis zu ihrem Tod Vereinsmitglied. |
Vereinsämter | ||||
1902/03 | bis 1906/07 | Mitarbeiterin in der der Leitungskommission der "Auskunftsstelle über Wohlfahrtseinrichtungen" | ||
Die Auskunftsstelle für Wohlfahrtseinrichtungen gründete der Verein im Jahr 1900 nach dem Vorbild der von der Frauenrechtlerin Jeannette Schwerin eingerichteten Auskunftsstelle in der Berliner Zentrale der "Deutschen Gesellschaft für Ethische Kultur". |
Ämter und Mitgliedschaften in anderen Vereinen | |
1894 Mitglied im Verein zur Gründung eines Mädchengymnasiums in München |
Quellen und Literatur |
Stadtarchiv München: PMB Emil Gerstle |
Anmerkungen | |||||
Laura Gerstle wurde 1861 als jüngstes Kind von jüdischen Auswanderern aus Franken, dem Kaufmann Philipp Frankenheimer und seiner Frau Bessie Sutro, in New York geboren. 1887 heiratete sie in Günzburg den aus Ichenhausen stammenden Kaufmann Elias, genannt Emil Gerstle. Dieser lebte seit 1864 in München und besaß hier seit 1886 das Bürgerrecht. Er war Teilhaber der Textilgroßhandlung Elias Cohn Königsberger. Wie seine Frau Laura pflegte er seine kulturellen und sozialen Interessen in verschiedenen Vereinen und Gesellschaften: Alpenverein und Kunstverein München sowie Verein "Knabenhort", Asylverein für Obdachlose und im Kaufmännischen Verein in München. Laura Gerstle selbst war Mitgründerin des Verein zur Gründung eines Mädchengymnasiums und engagierte sich im Verein für Fraueninteressen ab 1902/03 bis 1906 als Mitarbeiterin in der Leitungskommission der Auskunftsstelle über Wohlfahrtseinrichtungen. Diese Abteilung hatte der Verein nach dem Vorbild einer 1893 in Berlin gegründeten gleichnamigen Auskunftsstelle eingerichtet. Sie sammelte Material über Wohlfahrtseinrichtungen, um Notleidende besser und schneller beraten und an passende Stellen vermitteln zu können. Träger war die kurz zuvor gegründete Deutsche Gesellschaft für ethische Kultur, die ab 1894 auch in München vertreten war. Die Ethische Bewegung verbreitete sich zuerst in den USA und in England. | |||||
Familiäre Verbindungen | |||||
Laura Gerstle war die erste von zahlreichen Frauen aus ihrer Familie, die sich in Bayern in der Frauenbewegung, insbesondere im Verein für Fraueninteressen, engagierten. 1896/97 wurde Lauras ältere Schwester, die Witwe Yert(h)a Rosenbaum, geb. Frankenheimer, Vereinsmitglied, bis sie 1899 wieder in die USA zurückkehrte, um - wie es hieß - ihre amerikanische Staatsbürgerschaft nicht zu verlieren. Ihre Tochter Carrie Drey, geb. Rosenbaum, also die Nichte Laura Gerstles, trat 1902/03 in den Verein ein. Sie hatte zuvor in eine Familie eingeheiratet, die sie mit weiteren Mitgliedern des Vereins familiär verband. Yerthas Enkelin Bessie Drey (und damit Großnichte von Laura Gerstle) war eine der Nachfolgerinnen Nettie Gerstles in der Leitung der Jugendkommission. Auch die beiden Töchter Laura Gerstles waren aktive Mitglieder des Vereins. | |||||
Lebenswege der Töchter Bessie und Nanette (Nettie) | |||||
Laura Gerstles ältere Tochter Bessie gehörte der Jugendgruppe des Vereins an und war in erster Ehe mit dem Kaufmann Ludwig Weil verheiratet. Anfang 1920 heiratete sie den sozialdemokratischen Rechtsanwalt Dr. Max Hirschberg. Bekannt wurde er vor allem durch zwei Prozesse, in denen er als Verteidiger Felix Fechenbachs, dem Sekretär des ermordeten Ministerpräsidenten Kurt Eisner, (1924) sowie des Redakteurs der „Münchener Post“ Martin Gruber im sogenannten „Dolchstoßprozess“ (1925) Rechtsgeschichte schrieb. Als entschiedener Gegner der Nationalsozialisten wurde er im März 1933 festgenommen und für 6 Monate in „Schutzhaft" genommen. Dank seiner Frau Bessie, die neben vielen anderen Unterstützern auch ehemalige Kriegskameraden des im 1. Weltkrieg hochdekorierten Offiziers mobilisiert hatte, wurde er überraschend freigelassen und konnte 1934 mit Frau und Kindern nach Italien fliehen. Von dort aus emigrierte die Familie 1939 in die USA, wo sie den Holocaust überlebte. Die zweite Tochter Nanette (Nettie) wurde 1913 Leiterin der Jugendkommission und damit kooptiertes Vorstandsmitglied im Gesamtverein. Zuvor hatte sie bereits ehrenamtlich in der Geschäftsstelle mitgearbeitet, wo sie u.a. die umfangreiche Vereinsbibliothek betreute. Daneben war sie Schriftführerin der Kommissionen für die Arbeiterinnenfrage bzw. für wirtschaftliche Fragen. 1914 heiratete sie den Medizinstudenten Erich Katzenstein, mit dem sie vorübergehend München verließ. Nachdem sie 1915 am Realgymnasium in Goslar nach privater Vorbereitung das Abitur abgelegt hatte, kehrte sie nach München zurück und studierte von 1915 – 1919 an der LMU München Soziologie und Philosophie. Als überzeugte Sozialistin und Pazifistin beteiligte sie sich gemeinsam mit ihrem Ehemann aktiv am revolutionären Geschehen während der Räterepublik 1918/19. Das Ehepaar Katzenstein war mit Ernst Toller befreundet und versteckte ihn auf seiner Flucht vor den Truppen der Weißen Garden in ihrer Privatwohnung. Nachdem Toller dort aufgespürt worden war, mussten sie selbst fliehen und ließen sich in der Schweiz nieder. In Bern beendete Nettie Katzenstein ihr Studium mit einer Promotion zur gescheiterten Revolution von 1848. Danach übernahm sie den Namen ihrer Großmutter mütterlicherseits und nannte sich Nettie Sutro-Katzenstein. Ab 1933 engagierte sie sich in einem von ihr mitgegründeten Kinderhilfswerk für jüdische und nichtjüdische Flüchtlingskinder (Comité d´ aide aux enfants des émigrés allemands Schweizer Sektion, ab 1935 Schweizer Hilfswerk für Emigrantenkinder), dessen Leiterin sie von 1934 bis 1948 war, und ab 1951 in dem ebenfalls von ihr mitgegründeten Schweizer Kinderdorf Kiriat Yearim bei Jerusalem. |
Letzte Änderung | |
geändert: 03.08.2024 |
Wir bitten um folgende Zitierweise: Eintrag: „Laura Gerstle“/ID 114, Online-Datenbank „Pionierinnen* der Frauenbewegung in München. Die frühen Mitglieder der Gesellschaft zur Förderung geistiger Interessen der Frau/des Vereins für Fraueninteressen in München“. Verein für Fraueninteressen e.V. München, www.geschichtsatelier-elvira.de |