Selma Amalia Kleinmichel
Persönliche Daten | ||||
Name: | Kleinmichel | |||
Vorname: | Selma Amalia | |||
Geburtsname: | Dunsky | |||
Religion bei Geburt: | evangelisch / protestantisch | |||
Geburtstag: | 23.09.1857 | |||
Geburtsort: |
Tilsit
Im Polizeilichen Meldebogen für Julius Kleinmichel ist als Geburtsort seiner Ehefrau Selma die Stadt Tilsit angegeben. In dem Artikel über Julius Kleinmichel in der "Allgemeinen Deutschen Biographie" von 1906 wird jedoch Tiflis als ihr Geburtsort genannt, offenbar ein Schreibfehler. | |||
Todestag: | Selma Kleinmichel ist letztmalig im Adressbuch für München von 1933 aufgeführt. | |||
Staatsangehörigkeit bei Geburt: | Königreich Preußen |
Familie | |||
Vater | Heinrich Robinson Dunsky | Kaufmann und Buchdrucker | - 1877 Löbau |
Mutter | Valeska Dunsky, geb. Bruhn | 1836 Königsberg - 1911 München | |
seit 1897 ebenfalls Vereinsmitglied | |||
Bruder | Alfred Dunsky | Architekt und Fabrikant |
Familienstand | ||||||
verheiratet mit | 1878 | Ferdinand Theodor Julius Kleinmichel | Kunstmaler | 1846 Rodzonne bei Graudenz - 1892 München | ||
verwitwet seit | 1892 |
Mitgliedsjahre im Verein für Fraueninteressen | |||||
1896 | bis 1916 | ||||
Mitgliederliste von 1902 fehlt. |
Ämter und Mitgliedschaften in anderen Vereinen | |
ab 1886 Mitglied im Frauen-Verein zur Unterstützung Hilfsbedürftiger Künstlerwittwen und Künstlerwaisen |
Erwähnung in Jahresberichten und andere Zitate |
Selma Kleinmichel in den Jahresberichten Im Nachruf auf Julius Kleinmichel im Jahresbericht des Kunstvereins München von 1892 heißt es: „..., wo ihm (J. Kleinmichel) weitere Erfolge und auch ein eigener Herd erblühte, dessen Glück er an der Seite einer liebenswürdigen, gastlichen Landsmännin, Frau Selma, der Sprossin einer aus Tilsit stammenden Familie Dunsky, 13 1/2 Jahre genoß." Selma Kleinmichel in den Lebenserinnerungen von Joachim Ringelnatz: „Nach mehrfachem Wohnungswechsel war ich endlich in die Arcisstraße zu einer Nenntante gezogen, die die Witwe des namhaften Malers Julius Kleinmichel war. Eine sehr scharmante Dame, die mich liebevoll aufnahm und in jeder Weise für mich sorgte, obwohl sie eine alte, kranke und dabei höchst eigensinnige Mutter zu betreuen hatte. Diese Mutter litt an einem Lungen-Emphysem und spuckte unaufhörlich sehr unappetitlich in einen Napf, bekam auch immer wieder Erstickungsanfälle. Da sie dauernd jemanden um sich haben mußte, aber nicht das geringste Geräusch, nicht das Umblättern einer Buchseite duldete, war es eine Tortur, bei ihr zu sitzen. Aber hier konnte ich nun tagüber Frau Kleinmichel ablösen und mich so für freie Wohnung und Verpflegung, für tausend Freundlichkeiten dankbar zeigen. „An einem Februarmorgen 1911 ging ich müde und verkatert heim. Da hörte ich meine Tante – mit der ich mich gerade etwas überworfen hatte – bitterlich schluchzen. Ihre Mutter war nun endlich gestorben.“ „Ich war froh, als mich Seele nach ihrer Sommerfrische ins Ötztal einlud. In Lengenfeld wohnte sie. Eine schöne Gegend (…). Seele war reizend zu mir. Ich lachte sie freundlich aus, weil sie die Manie hatte, auf Ausflügen so viel Blumen und Zweige abzurupfen, daß sie vor Schlepperei nie zu einem vollen Genuß kam. Aber sie liebte und pflegte die Blumen daheim zärtlich.“ |
Quellen und Literatur |
Stadtarchiv München: PMB Kleinmichel, Ferdinand Theodor Julius |
Anmerkungen | |||||
Selma Kleinmichel wurde am 23.8.1857 als Tochter des Kaufmanns und Buchdruckers Heinrich Robinson Dunsky und seiner Ehefrau Valeska, geb. Bruhn in Tilsit geboren. Seit 1877 verwitwet, gründete Mutter Valeska 1879 in Leipzig die Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung V. Dunsky. Das Unternehmen wurde freilich im gleichen Jahr wieder aufgelöst. Ein Jahr zuvor hatte Selma Dunsky in Leipzig den Kunstmaler und Illustrator Ferdinand Julius Theodor Kleinmichel geheiratet. 1882 zog das Ehepaar Kleinmichel nach München, wo sich der Künstler wieder verstärkt der Malerei zuwandte und auch im Glaspalast ausstellte. Schon in Leipzig muss die Familie einen großen Künstlerbekanntenkreis gehabt haben, was sich auch in München fortsetzte. Seit 1886 finden wir Selma in den Mitgliederverzeichnissen des Frauen-Vereins zur Unterstützung Hilfsbedürftiger Künstlerwittwen und Künstlerwaisen. Zudem gehörte sie als außerordentliches Mitglied und „Kunstfreundin“ dem Künstlerinnenverein München an. Daraus lässt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit schließen, dass sie auch im Verein für Fraueninteressen in erster Linie den gesellschaftlichen Kontakt mit künstlerischen Menschen gesucht hat. Sie war ein fröhlicher und warmherziger Mensch. Das jedenfalls ergibt sich aus den Briefen und Erinnerungen des Dichters Joachim Ringelnatz (Hans Bötticher), mit dessen Familie die Kleinmichels seit Leipziger Zeiten gut befreundet waren. Julius Kleinmichel hatte dort u.a. auch für Ringelnatz‘ Vater, den Grafiker, Musterzeichner und Literaten Georg Bötticher, gearbeitet. Seit 1908 wohnte Sohn Hans Bötticher (der sich erst 1919 das Pseudonym Joachim Ringelnatz zulegte) in der Wohnung der bereits seit 1892 verwitweten Selma Kleinmichel bei freier Kost und Logis und betreute im Gegenzug stundenweise Selmas Mutter Valeska, die 1894 endgültig nach München übergesiedelt und mittlerweile schwer erkrankt war. Selma Kleinmichel unterstützte Ringelnatz darüber hinaus auch finanziell und konnte ihm Verbindungen in die Münchner Künstlergesellschaft ermöglichen. Er widmete ihr seine erste Novellensammlung „Ein jeder lebt’s“. In seinen autobiografischen Texten „Mein Leben vor dem Kriege“ und „Als Mariner im Krieg“ erwähnte er Selma Kleinmichel immer wieder und setzte ihr so ein literarisches Denkmal. Im Zusammenhang mit seiner Einberufung zu Beginn des 1. Weltkrieges verfasste er ein Testament, in dem er Selma Kleinmichel als Alleinerbin einsetzte, wohl eher kein Zeichen seiner Dankbarkeit, sondern eher der Großzügigkeit, die sie ihm in der Vergangenheit erwiesen hatte: „Es wurde ein ausführliches und in der Form korrektes Schreiben, darin ich Tante Michel, bei der ich wohnte, zur Universalerbin meiner sichtbaren wie auch unsichtbaren Hinterlassenschaft sowie meiner Schulden einsetzte. (…). Tante Selma ersuchte ich, nach einer beigefügten Liste gewisse Andenken an gewisse, mir teure Menschen zu verteilen. »Das Buch ›Aus der alten Fabrik‹ an Eichhörnchen ... einen Ring an Wanjka ... auch eine Kleinigkeit an Meta Seidler in Hamburg« usw. Ferner fertigte ich eine zweite Liste an: Welchen Personen ich noch wieviel Geld schuldete (es waren insgesamt 318 Mark) und bat Tante Selma, wenn sie es vermöchte, auch das zu regeln.“ 1917/18 zog Selma vorübergehend nach Berlin zu ihrem Bruder Alfred Dunsky, einem bekannten (Innen-) Architekten und Fabrikanten, der sich auch in Zusammenarbeit mit dem Vater von J. Ringelnatz, dem Musterzeichner Georg Bötticher, einen Weltruf als innovativer Hersteller von Jugendstiltapeten erarbeitet hatte. Auch hier sorgte sie für den Kriegsheimkehrer Ringelnatz und brachte ihn bei Angestellten ihres Bruders unter. 1920/21 kehrte Selma nach München zurück und lebte dort nach den Angaben des Adressbuchs für München bis 1933 in der Neureuther Straße. Danach verliert sich ihre Spur. Ob sie das Ende von Joachim Ringelnatz, der bereits 1934 verstarb, noch erlebte, wissen wir nicht. |
Letzte Änderung | |
geändert: 03.03.2024 |
Wir bitten um folgende Zitierweise: Eintrag: „Selma Kleinmichel“/ID 123, Online-Datenbank „Pionierinnen* der Frauenbewegung in München. Die frühen Mitglieder der Gesellschaft zur Förderung geistiger Interessen der Frau/des Vereins für Fraueninteressen in München“. Verein für Fraueninteressen e.V. München, www.geschichtsatelier-elvira.de |