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Hermann Obrist

Persönliche Daten

Name: Obrist
Vorname: Hermann
Religion bei Geburt: reformiert
Hermann Obrist wurde in der evangelisch-reformierten Kirche Zollikon bei Zürich getauft. In dem 1894 angelegten Meldebogen bezeichnet er sich als "konfessionslos".
Geburtstag: 27.05.1862
Der Polizeiliche Meldebogen nennt das Geburtsjahr 1863. In den autobiographischen Aufzeichnungen "Ein glückliches Leben" ist 1862 als Geburtsjahr angegeben.
Geburtsort: Kilchberg/Schweiz
Todestag: 26.02.1927
Sterbeort: München
Die Feuerbestattung fand im Ostfriedhof statt. Die Grabrede hielt der Schriftsteller Karl Wolfskehl.
Ausbildung
Beruf/Erwerb:

Bildhauer, Pädagoge, Keramiker, Kunstgewerbler

1884-1886 Studium der Medizin und Naturwissenschaften in Heidelberg
WS 1886/1887 Fortsetzung des Studiums in Berlin, dann einige Monate an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe, gefolgt von einer Keramiklehre in Bürgel bei Jena
1890 Studium der Bildhauerei an der Académie Julian in Paris
1892-1894 Aufenthalt in Florenz, Lehre in Marmortechnik und Bildhauerei in Terracotta und Bronze, außerdem Stickerei, Gründung eines Stickerei-Ateliers
1897 Mitbegründer der Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk
1902 Mitbegründer des  Lehr- und Versuchsateliers für angewandte und freie Kunst.

Die Datierung des abgebrochenen Medizinstudiums folgt den Angaben von Christoph Zuschlag: Die Mehrfachbegabung Hermann Obrist, in: Kunstchronik 64 (2011), Nr. 3, S. 154.

Staatsangehörigkeit bei Geburt: Schweiz

Veranstaltungshinweis: Was sollen Publikum und Künstler thun zur Hebung des Kunstgewerbes.
Vortrag von Hermann Obrist.
MNN 49. Jg. Nr. 553 Vorabend-Blatt zum 27.11.1896, S. 3, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00130609_00715_u001?page=2%2C3
Portrait Hermann Obrist
Photo-Atelier Elvira
© Staatliche Graphische Sammlung München
Inv. Nr.: 259308 D

Familie

Vater Carl Kaspar Obrist Arzt 1828 - 1901
 Der Vater war neben seiner Tätigkeit als Arzt ein leidenschaftlicher Naturforscher, was er seinen Kindern durch ausgiebige Beobachtungen in der Natur weiterzugeben versuchte. Außerdem unterrichtete er sie in Musik. Er spielte sieben Instrumente und besaß ein Faible für Instrumentenbau. Nach der Trennung der Eltern hatte Hermann Obrist offensichtlich keinen Kontakt mehr zu seinem Vater. Im Münchener Meldebogen von 1894 wird unter der Rubrik Eltern nur die verstorbene Mutter und nicht der noch lebende Vater erwähnt.
Mutter Alice Jane Grant Duff 1834 Eden - 1891 Weimar
 Die Mutter entstammte einem der ältesten schottischen Adelsgeschlechter. Nachdem sie im Alter von 19 Jahren den ersten standesgemäßen Heiratsantrag eines schottischen Adeligen abgelehnt hatte, lernte sie im Alter von 23 Jahren Carl Kaspar Obrist auf einem Künstlerfest in Zürich kennen und heiratete ihn gegen den Widerstand der Familie. Nach dem Tod von zweien ihrer vier Kinder trennte sie sich 1876 von ihm und zog mit den Söhnen Hermann und Aloys nach Weimar. In ihrem Roman "Frau Bürgelin und ihre Söhne" (1899) soll Gabriele Reuter für Zeitgenossen leicht entschlüsselbar die Geschichte von Alice Jane Obrist und ihren beiden Söhnen Hermann und Aloys in Weimar geschildert haben.
Bruder Maximilian Obrist 1860 Kilchberg - 1874 Kilchberg
 Der ältere Bruder Maximilian starb mit vierzehn Jahren an Typhus
Schwester Elise Leila Obrist 1865 Kilchberg - 1871 Kilchberg
 Die einzige Schwester verstarb im Kleinkindalter ebenfalls an Typhus.
Bruder Aloys Obrist Musiker, Komponist, Hofkapellmeister 1867 Kilchberg - 1910 Stuttgart
 Der jüngere Bruder Aloys studierte in Weimar und Berlin Musik, war Kapellmeister am Stadttheater Augsburg, bevor er 1895-1900 als königlich-württembergischer Hofkapellmeister am Staatstheater Stuttgart und 1901-1907 als Kustos des Liszt-Museums in Weimar wirkte. 1893 heiratete er in Weimar die Theaterschauspielerin und spätere Frauenrechtlerin Hildegard Jenicke. 1907-1909 unterhielt er eine Affäre mit der Opernsängerin Anna Sutter, die er 1910 erschoss, bevor er sich selbst tötete.

Familienstand

verheiratet mit 1898 Marie Louise geb. Lampe 1867 Leipzig - 1952 München
Marie Louise Obrist war ab 1899 ebenfalls Mitglied des Vereins für Fraueninteressen. In seinen vermutlich 1926 entstandenen, in der 3. Person verfassten Erinnerungen "Ein glückliches Leben" schrieb Hermann Obrist: „Im Jahre 1898 heiratete er, der wohl über acht mal hätte heiraten können, ein Mädchen, wie es ein zweites nicht gibt. Eine solche Verbindung von guter Familie, von Liebreiz, von Intelligenz, von loyalem Charakter, von unentwegtem Pflichtgefühl, von Humor und angeborenem Sinn für Musik und alle Künste, von Freude am Leben und Treue im Leid, von wahrer Güte und Liebesfähigkeit, kommt selten oder nie vor.“ (Hermann Obrist, Ein glückliches Leben, in: Hermann Obrist. Skulptur, Raum, Abstraktion um 1900, Zürich 2009, S. 97 – 143, hier S. 137)

Kinder

Leila Obrist Malerin 1900 München - unbekannt unbekannt
Leila Obrist gilt seit dem 22.12.1949 als verschollen, auf ihrer Einwohnermeldekarte wurde folgendes vermerkt: "seit 22.12.49 nicht mehr in die Wohnung zurückgekehrt, derzeitiger Aufenhalt unbekannt, lt, Erh. v. 15.4.50.
Amaranth Obrist Malerin 1902 München - 1944 München
Sie verstarb bei dem Versuch, das Atelierhaus in der Karl-Theodorstr. 24 zu retten.

Mitgliedsjahre im Verein für Fraueninteressen
Diese Angaben stammen aus den alten „Mitglieder-Verzeichnissen“ (1896 bis 1916) des Vereins, bei den Personennamen wurde die jeweilige Original-Schreibweise – einschließlich der Tipp- und Lese- bzw. Hörfehler – übernommen. Fehlerhafte Adress-Angaben (z.B. Franz Josefstr. statt Franz Josephstr.) wurden korrigiert und der damals gültigen Schreibweise (im Adressbuch München) angepasst.

DetailsDetails 1896 bis 1916    
1896 Herr Bildhauer Obrist Finkenstr. 31 / III  
1897 Herr Hermann Obrist, Bildhauer Karl-Theodorstr. 24 / Schwabing Heute die Hausnummer 48
1898 Herr H. Obrist Karl-Theodorstr. 24  
1899 bis 1905 Herr Hermann Obrist Karl Theodorstr. 24  
1906 bis 1916 Herr Bildhauer Obrist Karl Theodorstr. 24  
Auch wenn wir es nicht anhand von Mitgliederlisten nachweisen können, ist anzunehmen, dass Obrist auch nach dem 1. Weltkrieg Mitglied des Vereins blieb.

Ämter und Mitgliedschaften in anderen Vereinen

1885 bis 1890 Mitglied in der Goethe-Gesellschaft Weimar (gemeinsam mit der Mutter und Bruder Aloys)
spätestens ab 1897 Mitglied im Kunstgewerbe-Verein München
ab 1900 Mitglied im Goethe-Bund München(http://www.zeno.org/nid/20006700292)
ab 1901 Mitglied in: Akademischer Verein für bildende Kunst
ab 1904 Mitglied in der Münchener Vereinigung für angewandte Kunst (Münchener Bund)
ab 1906 Deutscher Monistenbund (https://d-nb.info/gnd/19935-7), Abteilung München
ab 1907 Gründungsmitglied in: Deutscher Werkbund (https://d-nb.info/gnd/2008677-5)
1922 Mitglied in: Isar-Athen. Gesellschaft für Kunst und Literatur„


Erwähnung in Jahresberichten und andere Zitate

Hermann Obrist in den Jahresberichten

Zitate:
"Wir werden um den Abdruck folgender Richtigstellung ersucht, die für die Geschichte des modernen Kunstgewerbes wichtig sein dürfte: In seinem eben erschienenen Werke 'Renaissance im Kunstgewerbe' drückt H. v a n  d e r  V e l d e die Überzeugung aus, dass die Wiedergeburt im deutschen Kunstgewerbe von seiner Ausstellung in Dresden 1897 an datiere. Er schreibt ferner: ‚Diese Ausstellung wirkte in einem so starken Grade auf die deutschen Künstler, dass von diesem Momente ab in Deutschland, wo bisher niemand an eine Bedeutung des Kunsthandwerkes gedacht hatte, der Reihe nach alle diejenigen aufstanden, die wir heute daran arbeiten sehen.'  - Die Thatsachen sind jedoch diese: Im Frühjahr 1896 stellte Hermann Obrist 35 künstlerische Stickereien in München und Berlin aus, an welchen er drei Jahre in gänzlicher Abgeschiedenheit gearbeitet hatte."
(Dekorative Kunst (1901) Heft 8, S. 376)


Eigene Publikationen

Obrist, Hermann: Wozu über Kunst schreiben?, in: Dekorative Kunst. Eine Illustrierte Zeitung für Angewandte Kunst. (1900). S. 169 - 198, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00087496, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Obrist, Hermann: Die Antwort durch die That, in: Münchner Neueste Nachrichten, 54. Jg., Nr. 213 Morgen-Blatt v. 07.05.1901, S. 2 und Nr. 214 Vorabend-Blatt vom 08.05.1901, S. 3, online:
https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00130003, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Obrist, Hermann: Luxuskunst oder Volkskunst, in: Dekorative Kunst. Eine Illustrierte Zeitung für Angewandte Kunst, Dezember 1901, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00087504, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Obrist, Hermann: Kunstakademien oder Schulen der Kunst?, in: Allgemeine Zeitung, 106. Jg. Nr. 107 Morgenblatt v. 18.04.1903, S. 1, Online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00085669, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Obrist, Hermann, Neue Möglichkeiten in der bildenden Kunst. Essays, Leipzig 1903, online:
https://doi.org/10.11588/diglit.23274#0009, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Obrist, Hermann: Die Lehr- und Versuch-Ateliers für Angewandte und Freie Kunst, in: Dekorative Kunst. Eine Illustrierte Zeitung für Angewandte Kunst, Bd. 12 (1904), S. 228 - 232, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00087521, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Obrist, Hermann: Der „Fall Muthesius" und die Künstler, in: Allgemeine Zeitung 110. Jg. Nr. 428 v. 15.09.1907, S. 2, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00085843_00239_u001, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Obrist, Hermann: Das schönste Gebäude Europas. Ein Nachwort., in Münchner Neueste Nachrichten, 79. Jg. Nr. 229 v. 29.08.1926, S. 1 f., online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00133618, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Obrist, Hermann: Ein glückliches Leben, in: Hermann Obrist. Skulptur, Raum, Abstraktion um 1900, Zürich 2009, S. 97 – 143


Ausstellungen

Ausstellungen mit Werken Hermann Obrists


Vorträge

Vorträge von Hermann Obrist in München


Quellen und Literatur

Quellen und Literatur.
Obrist, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, www.deutsche-biographie.de/pnd118735861.html [22.08.2024]
Stadtarchiv München: PMB Obrist, Hermann
Stadtarchiv München: Standesamt München I. Sterbeeintrag von Hermann Obrist
DE-1992-STANM-2671, Eintragsjahr 1927, Eintrags Nr. 489
Stadtarchiv München: Zeitungsausschnitte (ZA)-Personen Obrist, Hermann
Stadtarchiv München: Einwohnermeldekarte Obrist, Leila, angelegt am 27.12.1934

The Mary Berenson Diaries, online edition:
https://collection.itatti.harvard.edu/resource/mbdiaries:diaries, Diary 2 1894,1895
Gorman, Michael M.: The Berenson Digital Archive, online: https://www.mmgorman.it/bernard-berenson/

Mitglieder-Verzeichniß der Goethe-Gesellschaft in Weimar (Stand 30.11.1885), in:
Schriften der Goethe-Gesellschaft in Weimar, hrsg. v. Schmidt, Erich, Weimar 1885, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11669879, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Mitglieder-Verzeichniß der Goethe-Gesellschaft in Weimar (Stand März 1890), in: Goethe-Jahrbuch, 11. Bd. hrsg. von Geiger, Ludwig, Frankfurt a. M. 1890, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11676882, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Internationale Kunstausstellung veranstaltet vom Verein Berliner Künstler anläßlich des fünfzigjährigen Bestehens 1841 -1891, Katalog und Führer, Berlin 1891,
S. 190, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11552955, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Münchener Jahres-Ausstellung von Künstlern aller Nationen, Glaspalast 1894, München 2. Auflage 1894, S. 65

Kunstchronik. Die Reform des Kunstgewerbes, in: Münchner Neueste Nachrichten, 49, Jg. Nr. 565 Vorabend-Blatt vom 04.02.1896, S. 3 f., Online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00130609_00797_u001, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Brockdorff, Rolf von: Decorative Kunst im Glaspalast, in: Allgemeine Zeitung, 100. Jg., Nr. 285 Morgenblatt v. 14.10.1897, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00085606, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Logan, Mary (=Costelloe, Mary Smith): Hermann Obrist´s Embroidered Decorations, in: The Studio. An Illustrated Magazine of Fine and Applied Art, Volume 9, London 1897, S. 98 - 105, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11788795, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Fuchs, Georg: Das Ergebnis der Münchener Kunstausstellung von 1897 (Schluss), in: Wiener Rundschau Nr. 22 v. 01.10.1897, S. 837-842, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb11795772, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Destouches, Ernst von: Fünfzig Jahre Münchener Gewerbe-Geschichte 1848 - 1898, Gedenkbuch zur Feier des 50jährigen Jubiläums d. Allg. Gewerbe-Vereins München, München 1898, S. 291 f.

N.N.: Hermann Obrist, in: Dekorative Kunst. Eine Illustrierte Zeitung für Angewandte Kunst Bd. II (1898), Heft 10. S. 138 f. und S. 145 - 149., online:
https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00087577, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Kunstchronik. Hermann Obrist, in: Münchener Neueste Nachrichten, 53. Jg., Nr. 60 Morgen-Blatte v. 06.02.1900, S. 2, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00134120, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Erster Kunsterziehungstag in Dresden, in: Münchner Neueste Nachrichten 54. Jg. Nr. 462 Vorabend-Blatt v. 05.10.1901, S. 4, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00130003, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Bredt, Ernst Wilhelm: Verkünden und Handeln, in: Dekorative Kunst. Eine Illustrierte Zeitung für Angewandte Kunst Bd. IX (1902), S. 218 - 226, online:
https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00087504, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Heinrich Porges' Grabmal, in: Münchner Neueste Nachrichten, 55. Jg. Nr. 553, Vorabend-Blatt vom 28.11.1902, S. 3, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00134113, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Wolf, Georg Jakob: Die Lehr- und Versuchs-Ateliers für Freie und Angewandte Kunst, in: Dekorative Kunst. Eine Illustrierte Zeitung für Angewandte Kunst Bd XIV (1911) S. 193 - 200, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00087544, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Steiger, H.: Zu den Arbeiten Hermann Obrists, in: Dekorative Kunst. Eine Illustrierte Zeitung für Angewandte Kunst, Bd. 22 (1913/14), S. 84 - 86, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00087546, zuletzt abgerufen am 29.07.2024

Beerdigung Obrists, in: Münchner Neueste Nachrichten, 80.Jg., Nr. 61 vom 03.03.1927, S. 3, online: https://www.digitale-sammlungen.de/view/bsb00133614, zuletzt abgerufen am 29.07.202

 Eßwein, Hermann: Dem Andenken Hermann Obrists, in: Münchener Post (1927) Nr. 53 v. 05./06. März 1927, gekürzt  ders. in: Frankfurter Zeitung (1927) Nr. 216 vom 22. März 1927
(Stadtarchiv München: Zeitungsausschnitte (ZA)-Personen Obrist, Hermann)

Bredt, Ernst Wilhelm: Hermann Obrist (Nachruf), in: Das Werk. Architektur und Kunst = L´Oeuvre : architecture et art, 14 (1927), H. 10, S. 317-321, Online:
https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=wbw-002:1927:14#751, zuletzt abgerufen am 12.04.2024

Wichmann, Siegfried(Hg.): Hermann Obrist. Wegbereiter der Moderne. Stuck-Villa  München 1968.

Berenson, Mary: A Self-Portrait from Her Diaries and Letters, ed. by Strachey, Barbara and Samuels, Jayne, New York London 1983

Bruns, Brigitte/ Herz, Rudolf (Hg.): Hof-Atelier Elvira 1887-1928. Ästheten, Emanzen, Aristokraten, Ausstellungskatalog des Münchner Stadtmuseums, München 1985

Rinker, Dagmar: "Obrist, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 406-407, online: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118735861.html#ndbcontent, zuletzt abgerufen am 11.04.2024

Rinker, Dagmar: Der Münchner Jugendstilkünstler Hermann Obrist (1862 - 1927), München 2001

Afuhl, Eva/ Strobl, Andreas (Hg.): Hermann Obrist. Skulptur, Raum, Abstraktion um 1900. Ausstellungskatalog Museum Belle Rive Zürich, Staatliche Graphische Sammlung München. Zürich 2009

Bucher, Annemarie: Hermann Obrist, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Online Version https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/022090/2010-09-14/, Version vom 14.09.2010, abgerufen am 12.04.2024)

Zuschlag, Christoph: Die Mehrfachbegabung Hermann Obrist, in: Kunstchronik 64 (2011), Nr. 3, S. 153-158, online: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/6000/, zuletzt eingesehen am 19.07.2024

Gebhardt Fink, Sabine/ Vogel, Matthias: Hermann Obrist. Im Netzwerk der Künste und Medien um 1900, Berlin 2013

Mollenhauer, Bernd: Hermann Obrist – Der Visionär mit der Peitsche, in: ders., Jugendstil in München, München 2014, S. 9-14

Richardsen, Ingvild: „Leidenschaftliche Herzen, feurige Seelen“. Wie Frauen die Welt veränderten, Frankfurt/ M. 2019, S. 142-147

Strobl, Andreas: Hermann Obrist und die Frauen, in: Richardsen, Ingvild (Hg.), Die modernen Frauen des Atelier Elvira in München und Augsburg 1887-1905, München 2022, S. 195-203

Kargl, Kristina: Gabriele Reuter und Hermann Obrist. Eine Freundschaft im Spiegel der Erinnerungen und im Roman Frau Bürgelin und ihre Söhne, in: Bassermann-Jordan, Gabriele von/ Fromm, Waldemar, Kargl, Kristina (Hg.)., Freunde der Monacensia e.V., Jahrbuch 2022, München 2023, S. 191-223

Jenicke, Hildegard, Artikel in Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Hildegard_Jenicke (letzte Aktualisierung 25.04.2019, abgerufen am 11.04.2024)

Obrist, Aloys, Artikel in Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Aloys_Obrist (letzte Aktualisierung 15.12.2023, abgerufen am 11.04.2024)

Obrist, Hermann, Artikel in Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Obrist (letzte Aktualisierung 06.03.2024, abgerufen am 12.04.2024)

Ruchet, Berthe, Artikel in Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Berthe_Ruchet (letzte Aktualisierung 05.12.20023, abgerufen am 15.04.2024)

Sutter, Anna, Artikel in Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Sutter (letzte Aktualisierung 06.03.2023, abgerufen am 11.04.2024)


Anmerkungen

Der zweitälteste Sohn einer schottischen Adeligen und eines in Naturwissenschaften und Musik leidenschaftlich interessierten Schweizer Arztes beschäftigte sich schon als Heranwachsender intensiv mit Botanik, wollte Naturwissenschaften studieren, brach ein Medizinstudium ab und kam während eines Aufenthalts bei englischen Verwandten mit der Arts-and-Craft-Bewegung in Berührung. Nach Stationen an der Kunstgewerbeschule Karlsruhe sowie in einer thüringischen Töpferei studierte er vorübergehend Bildhauerei in Paris und bildete sich in in verschiedenen Techniken (Marmor, Terracotta, Bronze) weiter, bevor er in Florenz mit Berthe Ruchet, der ehemaligen Gesellschafterin seiner Mutter, ein Stickereiatelier eröffnete. Sie war Autodidaktin wie er, lernte von Stickerinnen in Florenz vor allem die reliefartige Stickerei bei Kirchengewändern (Paramente) und sorgte für die Ausführung seiner Entwürfe. Gemeinsam gingen sie 1894 nach München, wo sie in Kontakt mit Sophie Goudstikker und den Verein für Fraueninteressen gelangten, dem sie beide beitraten (vgl. Hermann Obrist und der Verein für Fraueninteressen).

Die im März 1896 im Münchner Kunstsalon Jakob Littauer gezeigte Ausstellung von Stickereien, die Hermann Obrist in enger Kooperation mit Berthe Ruchet nach seinen Entwürfen hatte fertigen lassen, wurde als „Geburt einer neuen angewandten Kunst“ gefeiert und bescherte ihm internationale Aufmerksamkeit. Er selbst bezeichnete seine Arbeiten später als inspiriert von Rhythmus, Schwingungen, Vibrationen, die er überall wahrzunehmen behauptete. Die früh begonnenen und über Jahre betriebenen Naturstudien lieferten ihm entsprechend reichhaltiges Material. 1899 endete die Zusammenarbeit mit Berthe Ruchet. Die genauen Umstände sind bis heute ungeklärt und bedürfen weiterer Untersuchungen. Obrists Auseinandersetzung mit Van der Velde aus dem Jahr 1901 (siehe oben unter „Zitate") zeigt exemplarisch wie hartnäckig und mit welchen Mitteln um Anerkennung und Nachruhm gerungen wurde. Obrists kongeniale Partnerin Berthe Ruchet bleibt in diesem Zusammenhang völlig unerwähnt. Im Gegenteil, es wird betont, dass Obrist an den 1896 ausgestellten Stickereien völlig allein „drei Jahre in gänzlicher Abgeschiedenheit gearbeitet“ habe. Vielleicht ein Lehrbeispiel dafür, wie leicht Leistungen von Frauen übersehen und dann vergessen werden, wenn sie sich nicht wehren.

1897 war er Mitbegründer der „Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk“ sowie 1902 der „Lehr- und Versuchs-Ateliers für angewandte und freie Kunst“ (gemeinsam mit Wilhelm von Debschitz, deshalb „Debschitz-Schule“) in München und 1907 Gründungsmitglied des „Deutschen Werkbunds“.

Als Vortragsredner deckte Obrist ein breites Themenspektrum aus Kunst, Gesellschaft und Philosophie ab. Seine kunsttheoretischen und -politischen Überlegungen trug er nicht nur in verschiedenen Kunstvereinen und -gesellschaften vor, sondern auch im Verein für Fraueninteressen und anderen zumeist freidenkerischen Vereinen, die sich später zum Kartell freiheitlicher Vereine in München zusammengeschlossen hatten. Später wandte er sich auch lebensreformerischen Themen zu. Infolge einer Mittelohrentzündung, an der er im Alter von zwanzig Jahren erkrankte, wurde er zunehmend schwerhörig und letztlich taub, weshalb er sich schließlich nach und nach aus der Öffentlichkeit zurückzog.

Hermann Obrist und der Verein für Fraueninteressen

Hermann Obrist gehörte neben sechs weiteren Mitgliedern (dem Landtagsabgeordneten Otto Freudenberg, den Schriftstellern Ludwig Fulda und Heinrich Steinitzer, dem Mathematikprofessor Ferdinand Lindemann, dem Sprachpädagogen Christof Pöhlmann und dem Geschäftsführer der Münchener Künstler-Genossenschaft Ernst Wiest) zu den frühesten männlichen Unterstützern des späteren Vereins für Fraueninteressen und blieb ihm vermutlich bis zu seinem Lebensende verbunden. Sein Eintritt erfolgte zwischen September 1894 und Februar 1896. Schon vor seiner Ankunft in München verstand er sich als überzeugter Anhänger der Frauenbewegung. Seine damals enge Freundin, die in Italien lebende Kunsthistorikerin Mary Costelloe, spätere Mary Berenson schrieb am 27. Februar 1894 in ihr Tagebuch: „(…) and Obrist and I sat on the grass under the town wall and discussed ‚the woman question‘, upon which, so it seems, we were nearly agreed, but who can fathom the bas fond of a Man´s Mind? Certainly not a young woman acquaintance! He is for a three year marriage system, and the children to belong entirely to the mother, with a minimum state allowance for the maintenance and education of every child“ (The Mary Berenson Diaries, Diary 2, 1894-1895, S. 52). Im November 1894 besucht sie Obrist in München und schrieb am 4. November: „Then I went to Munich and saw H (=Hermann Obrist) and made some friends there, especially Miss Goudstikker. Strange …", ebd. S. 74. An einem ihrer letzten Abende in München, am 24.11.1894 (vgl. Berenson Self-Portrait, S. 61) findet im Café Luitpold eine der ersten großen Veranstaltungen der Gesellschaft zur Förderung geistiger Interessen der Frau statt: Das spätere Vereinsmitglied Max Haushofer hält einen Vortrag „Über die Ehe" und Ika Freudenberg über die Ziele der Frauenbewegung. Es ist durchaus vorstellbar, dass Obrist zusammen mit Mary Costelloe und Berthe Ruchet diese Veranstaltung besuchte und alle drei im Anschluß daran dem Verein betraten. Leider sind die Mitgliederlisten von 1894 und 1895 nicht erhalten und so lesen wir die Namen der drei erst in der Auflistung vom Februar 1896.

Obrists eigene Vortragstätigkeit im Verein begann im Dezember 1896. Er sprach zum Thema:
„Was sollen Publikum und Künstler thun zur Hebung des Kunstgewerbes?“ Ein folgenreicher Abend für ihn und den Verein. Im Publikum saß August Endell, der nicht nur sein Schüler und Freund werden sollte, sondern auch das weltberühmte Fassadenrelief des Hofateliers Elvira schuf, das dem Verein noch heute als Vorlage für sein Logo dient. Zahlreiche Vereinsmitglieder - z. B. Else Thieme (ID 90) und ihr Mann Karl Thieme, nicht zuletzt Anita Augspurg (ID 6) und Sophia Goudstikker (ID 69) selbst - fühlten sich angesprochen und wurden bedeutende Förderinnen* des modernen Kunstgewerbes. Andere wiederum wie Laura Lange (ID 78) und Martha Kranz (ID 76) gehörten später zu den ersten Schülerinnen der von Obrist mitgegründeten „Lehr- und Versuchs-Ateliers für Freie und Angewandte Kunst".

Nachrufe

"Der L e h r e r Obrist war mehr, vielmehr als der Bildhauer und der Erfinder preziöser Textilien. Er war mit seinen Ateliervorträgen wie bei gelegentlichen öffentlicheren Äußerungen der erfolgreiche Schrittmacher eines neuen Typus von Künstler sowohl wie von Kunstpublikum. (...) Im Sichtbaren, Bleibenden ist sein Lebenswerk geringfügig, aber groß war seine Wirkung. Gegeben hat er einer Generation, was schließlich wichtiger ist als alle Einzelleistung, den dynamischen Antrieb, die Bewegung auf das Geistige hin in der Kunst sowohl wie im Leben."
(Hermann Eßwein: Dem Andenken Hermann Obrists, in: Münchener Post (1927) Nr. 53 vom 05./06.03.1927)

„Doch man darf nie vergessen, dass durch seine Vorträge über alles Mögliche der Boden zur Aufnahme neuer künstlerischer Möglichkeiten um so mehr befruchtet wurde, als immer seine geistreich sprühenden Ausführungen zumal in der Frauenwelt nachhaltige Aufnahme gefunden haben"
(Bredt, Hermann Obrist (Nachruf), in: Das Werk. Architektur und Kunst (1927) Heft 10, S. 321


Letzte Änderung

geändert: 22.08.2024

Wir bitten um folgende Zitierweise:
Eintrag: „Hermann Obrist“/ID 138, Online-Datenbank „Pionierinnen* der Frauenbewegung in München. Die frühen Mitglieder der Gesellschaft zur Förderung geistiger Interessen der Frau/des Vereins für Fraueninteressen in München“. Verein für Fraueninteressen e.V. München, www.geschichtsatelier-elvira.de
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